Der Pontos euxeinos, das gastliche Meer, war Mittelpunkt der zweiten griechischen
Kolonisationswelle. Als erste Kolonie am westlichen Ufer des Pontos euxeinos, gründete die
ionische Stadt Milet gegen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. die Stadt Histria. Den Namen erhielt sie
von der Donau, deren Unterlauf die Griechen Istros nannten und deren südlichster Arm, damals
Peuce genannt, in unmittelbarer Nähe von Histria ins Schwarze Meer mündete. Histria war somit
nicht nur die erste griechische Kolonie am westlichen Ufer des Schwarzen Meeres, sondern auch
die erste Stadt auf dem Gebiet des heutigen Rumänien.
Wie viele griechische Städte, war Histria in die Akropolis (sakrales Areal) und den zivilen Bereich
geteilt. Aus vorrömischer Zeit wurden die Grundmauern des Tempels für Zeus Polieus aus dem 6
Jahrhundert v. Chr, Reste eines dorischen Tempels für Theos Megas und eines hellenistischen
Aphroditentempels freigelegt. Aus verschiedenen geschichtlichen Quellen oder Inschriften, ist auf
eine wesentlich größere Anzahl von Tempeln zu schließen. Erwähnt sind unter anderen ein Tempel
des Apollo und ein Tempel des Dionysos.
Histria war eine recht gut befestigte Stadt, der westliche Wall alleine hatte 10 Türme und zwei
Tore. Das Wasser wurde mittels Aqueducten aus einer Entfernung von ca. 20km eingespeist. Die
Straßen hatten Steinpflaster und es gab sowohl ein Gymnasion als auch kulturelle Einrichtungen,
die Museions.
Die günstigen Wasserwege ins Innere des getischen Gebietes förderten den Handel und somit die
Entwicklung der Hafenstadt. Der rege Handel mit Milet und Athen, das fruchtbare Hinterland und
die guten Beziehungen zu den einheimischen Geten (ein thrakischer Stamm) die Getreide, Rinder,
Fisch, Honig und Wein liefern, führt zu einer frühen Blütezeit im 5. Jahrhundert v. Chr. Die Stadt
erreicht eine Ausdehnung von ca. 35 ha und eigene Silbermünzen werden geprägt (ca. 480 v. Chr.).
Im 1.Jahrhundert n.Chr. kommt Histria unter römischen Einfluß und erlebt eine neue Blütezeit. Die
Stadt und deren Einrichtungen werden ausgebaut, Thermen und groß angelegte Residenzen
(domus) werden errichtet. Es kommt zu neuen Münzprägungen und der Handel, aber auch die
Keramikproduktion und Metallbearbeitung erleben einen Aufschwung.
Unter byzantinischer Herrschaft werden Basilica gebaut und Histria wird Bischofssitz. Der Grundriss
einer 60 m langen und 30 m breiten Kirche im Zentrum der Altstadt stellt diesen neuen Status der
Hafenstadt im späten 5.Jahrhundert fest. Gleichzeitig wird aber, durch die regelmäßigen
Plünderungen der Hunnen, Awaren und Slaven des Stadtgebiet bis auf ca. 7 ha reduziert.
Zu Beginn des 7.Jahrhunderts erfolgt eine erneute Zerstörung der Stadt durch Awaren und Slaven.
Diese, sowie die Anschwemmung von Sedimenten durch die Donau, die den natürlichen Golf nicht
mehr schiffbar machten, führten nach 1300 Jahren zu der Aufgabe dieser, für die Entwicklung der
antiken Dobrogea wirtschaftlich und kulturell so wichtigen Stadt.
Die archäologische Stätte von Histria, das ehemalige Tor zur Welt der Dobrogea, heute an den
Ufern des Lagunen-Komplexes Razim-Sinoe gelegen, trägt das Europäische Kulturerbe-Siegel.